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Als das World Trade Center zusammenbrach

   

Mit immer gleichen Bildern des zusammenstürzenden World Trade Centers hinterließ die TV-Berichterstattung zum Terror vom 11. September ein Gefühl unwirklicher Distanz. Eine menschlich fassbare Dimension der Tragödie eröffnen dagegen persönliche Eindrücke. Solche Bilder von ergreifender Authentizität zeigt die Fotoausstellung „Here is New York“, in der Profi- und Laienfotografen als Augenzeugen ihre ganz persönliche Sicht von „9-11“ dokumentieren. Die „uralte“ Macht der subjektiven Bilder erläuterte Jens Förster, IUB-Professor für kognitive Psychologie, in seinem Vortrag bei der Eröffnung von „Here is New York“ am 27.10.02 in der Bremer Weserburg.

[ Nov 06, 2002]  „Here is New York“ wurde erstmals im Herbst letzten Jahres in der Nähe des Ground Zero in New York und später in vielen anderen Städten der USA ausgestellt. 500 dieser über 7000 Fotos umfassenden amerikanischen Sammlung sind jetzt für drei Monate im Neuen Museum Weserburg in Bremen zu sehen. Das Konzept der Ausstellung ist ungewöhnlich: Anonym, unkommentiert und ungerahmt hängen die Bilder mit Klammern an Leinen befestig, Bilder, die im Zusammenhang mit den Ereignissen des 11.September aufgenommen wurden. Kein Hinweis unterscheidet zwischen Arbeiten von namhaften Fotografen und Laien.

„Demokratie der Bilder“ nennt Michael Shulan, Schriftsteller und einer der vier amerikanischen Initiatoren von „Here is New York“ diese neue Form der Dokumentation. Zusammen mit Gilles Peress von der Fotoagentur magnum, Charles Traub, dem Leiter der Abteilung Fotografie der School of Visual Arts, New York, und Alice Rose George vom Time Magazine lud er öffentlich dazu ein, Fotos zum Thema 9-11 einzuschicken. Hunderte beteiligten sich und schickten Bilder. Pro Einsendung akzeptierten die Organisatoren mindestens ein Foto. Die so entstandene Sammlung ist eine einzigartige pluralistische Auseinandersetzung mit den Anschlägen. Über die konkrete Tragödie von New York hinaus dokumentiert sie mit großer Authentizität das Menschliche im Angesicht von Katastrophen: Panik, Todesangst, Lähmung, Schmerz, Erschöpfung, Trauer, Anteilnahme, Hilfsbereitschaft.

Warum „kleine emotionale Bilder“ viel direkter die menschliche Psyche erreichen, als große Zerstörungspanoramen, erklärte Psychologe und Kognitionsspezialist Jens Förster von der IUB in seinem Vortrag bei der Ausstellungseröffnung in Bremen. Die emotionale Komponente der Bilder aktiviere Gehirnregionen, die stammesgeschichtlich viel älter seien, als das Großhirn, das für rationale Denkvorgänge zuständig ist. Quasi ohne den Umweg der bewussten Analyse sei das „soziale Tier Mensch“ daher in der Lage, innerhalb von Millisekunden den Emotionsausdruck seines Gegenüber zu deuten und darauf zu reagieren. Förster, der selbst längere Zeit in New York gelebt hat, hat dieses Phänomen am eigenen Leib erfahren. Drei Wochen nach den Anschlägen besuchte er New York und erlebte das Erschütternde des persönlichen Eindrucks am Schauplatz des Terrors.

Die Ausstellung „Here is New York“ wurde auf Initiative der Bundeszentrale für Politische Bildung seit Juli diesen Jahres in verschiedenen deutschen Städten gezeigt, darunter Berlin, Düsseldorf, Dresden und Stuttgart. Ebenso, wie in den USA, ist der Eintritt frei. Im Internet kann man für 25 $ Abzüge der Bilder bestellen, deren Reinerlös den Kindern von Anschlagsopfern (Children’s Aid Society’s World Trade Center Fund) zugute kommt. Die Bremer Weserburg ist das erste Kunstmuseum, das dieses ursprünglich ohne Kunstanspruch geplante Projekt realisiert. Dennoch folge die Ästhetik der Bilder unweigerlich der Foto-Bildsprache, die seit fast 200 Jahren das menschliche Denken in Bilden beeinflusst, so die Museumsleitung. Besonders interessant sei daher die Gegenüberstellung mit der rein künstlerischen Fotoausstellung „ars photographica“, die ab dem 1.Dezember ebenfalls in der Weserburg zu sehen ist.



"Here is New York" in Bremen
Ausstellungsdauer:
27.10.2002 – 19.1.2003
Eintritt frei

Ort:
Neues Museum Weserburg,
Teerhof 20,
28199 Bremen
4. Stock

Öffnungszeiten:
Di - Fr 10-18 Uhr, Sa + So 11-18 Uhr, Mo geschlossen

Zur Bremer Weserburg

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Author: Kristin Beck. Last updated on 23.06.2005. © 2005 International University Bremen, Campus Ring 1, 28759 Bremen. All rights reserved. No unauthorized reproduction. http://www.iu-bremen.de. For all general inquiries, please call IUB at +49 421 200-4100 or mail to iub@iu-bremen.de.