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Blog Forschungsfahrt M169

Photo: Doris Mosbach

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Weihnachten auf See

Vielleicht klingt eine dreiwöchige Nordsee-Seereise im Dezember auf den ersten Blick nicht verlockend – aber für ein Team von Forschern der Jacobs University war es eine einzigartige Gelegenheit für ein neues Forschungsprojekt. Sie beprobten die Flüsse Ems, Weser und Elbe sowie die die südliche Nordsee und kehrten nach 1900 Seemeilen und 191 Stationen am Jahresende mit tausenden Wasserproben in das Heimatlabor zurück. Ihr Forschungsziel ist es, den Eintrag von neuartigen kritischen Metallen wie Seltene Erden, Platin, Scandium, Germanium und anderen, die zunehmend in grünen Technologien und der Medizin eingesetzt werden, über die Flüsse in die Nordsee zu untersuchen. Das Reise-Tagebuch zeigt, wie die Fahrtteilnehmer diese spannende Forschungsexpedition erlebt haben.

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Eintrag 03.01.2021

1900 Meilen auf Flüssen und Meer – Rückblick aus Perspektive der Fahrtleitung (von Andrea Koschinsky)

Am 29.12. morgens um 9 Uhr legte das FS Meteor an der Pier in Emden an, um 13 Uhr kam der LKW, um unsere Kisten aufzunehmen und nach Bremen zu transportieren, und um 14 Uhr der bestellte Bus, um uns ebenfalls nach Bremen zu fahren. Obwohl sich natürlich alle auf zu Hause freuten, war auch deutlich Wehmut zu spüren; hier konnten wir uns frei bewegen, zusammen arbeiten und feiern. Was würde uns zu Hause erwarten? Das Maske-Tragen schon im Bus – die Aussicht auf Sylvester eher beschränkt. Keine Bar mehr, in der man abends nach der Schicht noch mit anderen Kollegen eines von dem beim Julklapp erworbenen Spielen spielen konnte. Wir blicken also auf eine sehr schöne und erfolgreiche Zeit zurück – für die erfahrenen Forschungsfahrer mit knapp 3 Wochen eine ziemlich kurze Reise, für die Neulinge ein einprägsames Erlebnis mit vielen neuen Erfahrungen.

Links: Stations- und Routenplanung in der Fahrtleiterkammer (Foto: Stefan Seidel); rechts: ein weihnachtlicher Blick aus dem Bullauge (Foto: Andrea Koschinsky).

Und für die Fahrtleiterin? Meine Rolle als Knotenpunkt zwischen dem Wissenschaftsteam und der Brücke sowie für alles Organisatorische bezüglich der Fahrt war mit nicht neu. Und wie auch auf früheren Reisen haben mir unser selbständig arbeitendes engagiertes Team, das sich kreativ und mit viel Freude in die Arbeiten eingebracht hat, die Unterstützung durch die Stationsleiter/innen Katja Schmidt, Sophie Paul und Dennis Krämer, die die drei Schichten geleitet haben und die tolle Unterstützung durch Kapitän und Offiziere auf der Brücke sowie das gesamte Schiffsteam das wir ja schon in verschiedenen Blog-Beiträgen vorgestellt haben, die Rolle der Fahrtleitung angenehm und einfach gemacht. Dabei haben wir es ihnen mit unserer Stationsplanung sicher nicht immer leicht gemacht. Üblicherweise kommt die Fahrtleitung mit einem Stationsplan auf die Brücke, auf dem eindeutige Koordinaten und Zeiten für die Einsätze der verschiedenen Geräte angegeben sind. Bei uns waren die Eckpunkte häufig Salinitäten, also bestimmte Salzgehalte, die durch die Mischungsverhältnisse von Flusswasser und Meerwasser bestimmt sind. Und da die sich durch Gezeiten und Wetterbedingungen ständig ändern, war es oft eine Stationsplanung auf Zuruf – „Brücke von Labor, wir haben jetzt die richtige Salinität erreicht, können wir die CTD aussetzen?“

Planen und Arbeiten in gezeitenbeeinflussten Mündungs- und Küstenregionen sind völlig anders als Arbeiten im offenen Ozean, wo es wesentlich weniger variable Faktoren gibt. Aber ein Teil der Schiffscrew kannte diese dynamische Stationsplanung schon von unserer Meteor-Reise M147 in 2018 in der Amazonas-Mündung, wo wir alle zum ersten Mal diese Erfahrung gemacht hatten. Und so haben wir auch dieses Mal wieder durch gemeinsame Planung und stetige Anpassung der Fahrtroute unser Ziel vollständig erreicht: Wie Annika und Mirja schon in ihrer Statistik aufgezeigt hatten, haben wir tausende Probenflaschen mit Wasser gefüllt mit zurückgebracht und mit einer 1900 Seemeilen (das entspricht 3518 Kilometern) langen Gesamtroute den deutschen Teil der Nordsee komplett mehrfach abgefahren und dabei mit dem Thermosalinographen des Schiffes die Salzgehalte kartiert. Damit können wir erkennen, wo das Süßwasser der Flüsse noch einen Einfluss hat und somit möglicherweise aus den Flüssen eingetragene Substanzen wie unsere kritischen Hochtechnologie-Metalle hingelangen können.

Fahrtroute der M169 mit den vom Schiffs-Thermosalinographen gemessenen Salinitäten (Salzgehalten) entlang der 1900 Seemeilen lange Route; die blauen und grünen Farben zeigen Süßwasser der Flüsse an und die orangen und roten Farben eine Dominanz von Meerwasser. (Karte mit DSHIP auf FS Meteor erstellt).

Zusammengefasst kann ich sagen, dass die Reise sehr angenehm und erfolgreich war. Wir möchten Kapitän Rainer Hammacher und seinem gesamten Team sowie der Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe, der Reederei Briese und dem Gutachterpanel Forschungsschiffe (GPF) sehr herzlich dafür danken, dass sie diese Expedition unter Pandemiebedingungen möglich gemacht und uns somit ein spannendes neues Forschungsprojekt eröffnet haben. Die Forschungsfahrten im Indischen Ozean und Pazifik, an denen mein Team im Sommer 2020 und Sommer 2021 beteiligt gewesen wären, sind pandemiebedingt abgesagt worden, und mit den Fahrten die dazugehörigen Projekte. Das hat große Löcher in unsere Forschungsprojekte gerissen. Mit diesem neuen Projekt haben wir nun die Möglichkeiten, durch Analysen der Hunderten von Wasser- und Partikelproben in den Heimatlaboren herauszufinden, of neuartige kritische Spurenmetallverbindungen in der Zukunft ein Problem für die Küstenräume und am Ende vielleicht auch für uns Menschen werden könnten. Nur wenn ein mögliches Problem frühzeitig erkannt wird, kann durch frühzeitige Maßnahmen verhindert werden, dass es tatsächlich zu einem Problem wird. Darüber werden wir in späteren Publikationen berichten.

Ein unvergesslicher Anblick: Beprobung der Weser bei Elsfleth am 1. Weihnachtsfeiertag bei spiegelglattem Wasser im Sonnenuntergang (Foto: Andrea Koschinsky).

Wir danken auch allen, die uns durch das Lesen der Blog-Beiträge begleitet haben und hoffen, dass wir einen Einblick geben konnten in das besondere Leben und Arbeiten an Bord und die unverzichtbare Teamarbeit zwischen Wissenschaftlern und Schiffsbesatzung – ein erheblicher Anteil am Erfolg dieser Reise ist ihnen zu verdanken. Wir wünschen allen ein gesundes und hoffentlich einfacheres Jahr 2021, das es uns hoffentlich wieder erlaubt, nicht nur auf den Schiffen, sondern auch an Land wieder so miteinander umzugehen, wie wir es immer für normal gehalten haben.

 

Eintrag 02.01.2021

Leben an Bord – Follow me around (Rückblick von Mai-Brit Schulte)

Aufgemacht ins Quarantänecamp hatte ich mich, eingestellt auf eine entbehrungsreiche, anstrengende Zeit auf den wilden Wogen der Nordsee. Wie es kommt, habe ich mich reichlich geirrt, denn das FS Meteor wartet mit so manch unerwarteten angenehmen Seiten auf.

Vorab hatte ich gehört, dass es weder veganes Essen gebe (offiziell aber vegetarisches) noch es sonderlich warm sei im Schiff. Vorbereitet auf beides, unter anderem mit Kleidungsstücken, mit denen ich mich auch zur Neumayer-Station in der Antarktis hätte aufmachen können, betrat ich am 11.12.2020 das Deck. Herzlich empfangen von der Besatzung wurde unser Team, und im Austausch gegen unsere Reisepässe erhielten wir unsere Kammerschlüssel. Ein Besatzungsmitglied trug mir meinen gefühlt 50 kg schweren Koffer hoch zu meiner im 2. Aufbaudeck (quasi der zweite Stock) gelegenen Kammer. Ja, es heißt Kammer, nicht Kabine und auch nicht Kajüte. Bei starkem Seegang wird daraus schonmal die Kammer des Schreckens! Die Möbel ächzen, persönliche Gegenstände fliegen herum - nur mithilfe eines Besenstiels habe ich meine Flasche wieder unterm Bett hervorgekriegt – und Geräusche gegen den Bug krachender Wellen erzeugen in meinem Kopf Titanic-Assoziationen. 

Auch Vorzüge sollte ich jedoch erwähnen: Die 9 Quadratmeter der Kammer sind in der Praxis doch größer als erwartet und durch zwei Fenster auch hell – wenn die Sonne draußen mal scheint! Badezimmer, ein Tisch, Schreibtisch, Kleiderschrank, Bank, Stuhl und zwei Betten. Corona-bedingt sind die Kammern nicht doppelt belegt, sodass jeder von uns auf dieser Fahrt eine Einzelkammer genießt. Eines der sehr wenigen positiven Dinge, die die Corona-Pandemie uns beschert hat. Ich habe mir ganz bewusst die Kammer ausgesucht, die mit am weitesten vorne und am höchsten oben liegt. Mein Hintergedanke war die große Entfernung zum Maschinenraum und eine damit erhoffte Geräuscharmut. Denn auch das wurde mir zuvor gesagt: Mitunter sei es laut, Ohrenstöpsel einzupacken könne nicht falsch sein. In der Nähe einer Autobahn aufgewachsen, finde ich aber nicht, dass dem so ist. Ununterbrochenen „Lärm“ gibt eigentlich nur die Klimaanlage von sich – sie läuft immer; Fenster darf man nur bei Liegezeit im Hafen öffnen. Ansonsten würde es wohl auch in den Kammern im „Erdgeschoss“, dem Hauptdeck, eher nass – denn nicht umsonst spricht man dort beim Blick aus dem Bullauge schon mal von der Waschmaschine. Wo wir gerade von Spitznamen reden: Meine Kammer zählt zu solchen, die man Fahrstuhl nennt. Das hätte mir zu denken geben sollen. Jeder, der schon auf einem Schiff war, weiß, wo sich Seegang am stärksten ausprägt. Ich weiß es jetzt auch: In eben meiner Kammer! 

Gehen wir aber davon aus, dass man gerade nicht von Seekrankheit geplagt wird. Denn dann gibt es die Gaumenschmäuse zu genießen, die die Kombüse viermal täglich zaubert. Frühstück um 7.15, Mittag um 11.15, Kuchen um 15 und Abendessen um 17.15 Uhr. Man kann sich also, einem Kreuzfahrtschiff ganz ähnlich, recht gut durch den Tag schlemmen. Und das wider Erwarten sogar vegan! Anders als auf dem Kreuzfahrtschiff sind wir aber natürlich nicht zum Vergnügen hier und gutes, häufiges Essen dient nicht dem reinen Gourmet-Erlebnis, sondern der Erhaltung eines gesunden Körper- und Geisteszustands. Denn sowohl Besatzung als auch Wissenschaftler erleben nicht selten anstrengende Schichten. Beim Beproben der Flüsse muss man zum Beispiel teilweise schnell arbeiten, da das Schiff nicht lange die Fahrrinne blockieren darf, wir aber auch nicht bei einer Geschwindigkeit von mehreren Knoten, sondern im Stand, unsere CTD- und GoFlo-Flaschen ausbringen können. 

Nach einem anstrengenden Arbeitstag lockt so manchen dann die Bar, in der man gerne zusammenkommt. Steuerfrei kann man wochentags um 18.45 Uhr im Duty-Free-Shop Spirituosen, Drogerieartikel, Süßkram etc., sowie um 15 Uhr in der Boutique Kleidung mit Meteor-Logos erwerben, die einen später an die anstrengende, aber schöne Zeit an Bord erinnern wird. Dabei legt der 1. Steward Jan Wert auf Qualität, Fair-Trade und Biosiegel. Waschen muss man seine Kleidung dann theoretisch nicht mal selbst. Das macht, damit man sich voll und ganz auf die Forschung konzentrieren kann, gegen eine kleine Bezahlung gerne Gou Min, der Herr von so großen Waschmaschinen, dass darin gut auch ein Mensch mal eine Generalreinigung erhalten könnte

In manchen Dingen muss man hier jedoch tatsächlich zurückstecken. Sobald wir uns von Land entfernen, lassen wir auch den Mobil-Telefonempfang zurück. Somit bleibt das Handy still – was aber auch ganz angenehm sein kann. Und um Weihnachtsgrüße dennoch übermitteln zu können, steht im 4. Aufbaudeck ein Festnetztelefon zur Verfügung, oder man nutzt das Schiffs-WLAN und eine zahlreicher Messaging-Apps auf dem eigenen Smartphone. Ferner kann man natürlich das Schiff nicht verlassen und ist daher räumlich eingeschränkt. Keine Spaziergänge im Wald oder durch den Bürgerpark, keine Radtouren auf dem Deich. Dafür genießen wir den Status „Corona-freie Zone“ und die damit verbundenen Freiheiten, und um sich körperlich richtig zu verausgaben, gibt es einen kleinen Fitnessraum. Wer den Saunagang danach nicht missen möchte, kommt ebenfalls auf seine Kosten. Dies bietet Möglichkeiten zum Abschalten vom Stress der Arbeit; nach der Filtration der letzten Probe noch einmal richtig schwitzen. 

Obwohl meine Kammer ja vom Maschinenraum so schön weit weg ist (haha), kann ich von Letzterem berichten. Am 23.12. erhielten wir von Volker, dem leitenden Ingenieur, eine exklusive Führung. Zwar habe ich als absoluter Techniklaie nicht alles verstanden, wenn es dann um Kubik der Motoren ging usw., doch ein paar Begriffe kann ich raushauen: Bugstrahler (um die Position zu halten), Müllpresse (auf der Meteor schmeißt man Müll nämlich nicht über Bord), Abwasseraufbereitung, Frischwasseranlage mit umgekehrter Osmose, Dieselelektromotoren. Eine Brückenführung war nicht nötig, denn dort ist man jederzeit willkommen und kann die diensthabenden Offiziere mit Fragen löchern. Oder eines der starken Ferngläser nutzen, um auf Helgoland Robben zu beobachten, wenn man gerade nicht Schicht hat. 

Es war dann auch gar nicht mehr lange bis zum Heiligen Abend, welcher eine denkwürdige Veranstaltung zu werden versprach. Stimmt. Feierliches gemeinsames Abendessen, unsere Choreinlage (trotz einer steilen Lernkurve schafften wir es nur so gerade über die auditive Schmerzgrenze), Cello-Solo vom Doc, Bescherung und X-Mas-Party. 

Nach der Präsentation dieser angenehmen Seiten des Bordlebens sollte nicht unbetont bleiben, wozu wir eigentlich hier sind: Um zu forschen. Und das tun wir auch fleißig, der Forschungsbetrieb läuft auch an Sonn- und Feiertagen 24 Stunden rund um die Uhr und wir arbeiten im Dreischichtsystem. Wie kann man aber eigentlich unter solchen Bedingungen forschen, die sich vom Labor an Land so deutlich unterscheiden? Ganz klar, wenn es mal wellentechnisch so richtig abgeht, gar nicht mehr – wovon wir glücklicherweise verschont blieben und unsere Arbeit nur zum Ende der Reise einmal unterbrechen mussten. Nach dem Bezug der Labore an Bord, die sich auf dem Hauptdeck befinden, und dem Auspacken der Kisten war es von Wichtigkeit, alles, was der Fliehkraft nachgeben könnte, festzulaschen, um einem Herumfliegen von Probeflaschen und Reinluftboxen vorzubeugen. Auch wenn die Bordlabore natürlich nicht so ausgestattet sind wie die an der BGR und der JUB, ermöglichen sie das erste Bearbeiten der Proben. Dazu könnt Ihr vieles Interessantes in den vergangenen Blogbeiträgen lesen!

Wem ich nun den Mund wässerig gemacht habe, den muss ich enttäuschen. Eine Fahrt auf der Meteor kann man nicht buchen. Euer Ticket erhalten ihr durch den Einstieg in die Wissenschaft (sei es als Labortechniker*in, Student*in, Wissenschaftler*in) oder wenn ihr beispielsweise als Matrose, Ingenieur*in oder nautische/r Offizier*in anheuert.

Oben Links: Bei strahlendem Sonnenschein kann man Arbeit auf dem Deck genießen! (Foto: Andrea Koschinsky). Rechts: Unser Labor – ein Ort konzentrierten Arbeitens und nur ganz wenig Chaos. Unten Links: Gespannte Stimmung während der Ausbringung der CTD-Rosette.
Weihnachtsstimmung durfte auch an Bord nicht fehlen. (Foto: Nadine Weimar).
Unser Gästebucheintrag, den wir gemäß der Tradition angefertigt haben, um an unsere Zeit an Bord zu erinnern. (Fotos: Stefan Seidel).
 

Eintrag 29.12.2020

Das Ende naht (von Mirja Bardenhagen und Annika Moje)

Moin!

Nun ist die Fahrt schon fast wieder vorbei und die gerade eingespielten Arbeitsabläufe und Routinen im Bordalltag sind schon wieder über den Haufen geworfen worden. Jetzt werden alle unsere Materialien und gesammelten Proben wieder verpackt und zurückgeschickt.

Als Labortechniker sind wir auf dieser Fahrt neben der normalen Laborarbeit auch zuständig für das Einpacken und die Logistik. Alles was man an Geräten und Materialen braucht muss mitgebracht werden, der nächste Baumarkt ist schließlich schlecht zu erreichen. Dazu gehört jedes einzelne Papiertuch, jede kleine Pipettenspitze und auch so etwas wie Kugelschreiber.

Ein Abenteuer sind jedes Mal auch wieder die Zollangelegenheiten, die natürlich ein ganz anderes Arbeitsgebiet als unser Laboralltag sind.

Annika Moje (links) und Mirja Bardenhagen (rechts) zwischen einem Berg von Kisten (Foto: Matthias Ullrich).

MB: „Ich arbeite bei der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe) in Hannover und habe erst vor knapp zwei Monaten innerhalb der BGR in die Meeresgeologie gewechselt. Für mich ist es die allererste Forschungsfahrt und alles ist neu und aufregend. Mir war auch nicht bewusst, was alles an Vorarbeit für so einer Forschungsfahrt zu tun ist.“

AM: „Seit 5 Jahren arbeite ich in der Arbeitsgruppe für Geochemie an der Jacobs Uni und bin schon öfter auf See gewesen. Auf der Meteor war ich jetzt das erste Mal dabei und es war eine wirklich schöne Fahrt.“

Der Sonne entgegen (Foto: Mirja Bardenhagen).

Um euch einen kleinen Eindruck zu vermitteln, was auf einer 20-tägigen Forschungsfahrt so zusammenkommt, haben wir ein wenig recherchiert: 
    • Lotsen: 10
    • Seemeilen: 1900
    • Eier: 1900 
    • Kaffee: 40 kg
    • Brötchen: 1200 
    • Fleisch: 200 kg
    • Frisches Obst: 200 kg
    • Kartoffeln: 200 kg
    • Treibstoff: 220.000 L
    • Frischwasser: 240.000 L
    • Probenahmestationen: 191
    • Probenvolumen: 3623 L
    • Datenvolumen: 350 GB

 

Eintrag 28.12.2020

Azubis unter Wissenschaftlern – „Können wir helfen“? (Von Cansu Özer & Emily Schoeneich)

Erst seit August sind wir Auszubildende zu Chemielaborantinnen an der Jacobs University Bremen und jetzt, 4 Monate später, bereits Teil eines wissenschaftlichen Teams hier auf der Meteor. Für uns persönlich ist das eine großartige Chance, mit der wir niemals gerechnet hätten und die wir ohne zu zögern ergriffen haben.

In den Monaten vor der Fahrt haben wir viel Zeit mit den Vorbereitungen verbracht. Unter anderem haben wir gelernt, wie man Ausrüstung bestellt, Kisten richtig packt und Flaschen in verschiedenen Schritten von Kontaminationen durch Spurenmetalle befreit.

Der Alltag an Bord unterscheidet sich völlig von dem an Land. Unsere erste große Herausforderung war es, unseren Platz zu finden zwischen all den Wissenschaftlern und den erfahrenen Seeleuten, ebenso wie herauszufinden, wie und wo wir am Besten helfen können, ohne im Weg herumzustehen. Doch bald schon haben wir eine gute Routine entwickelt und sind ein eingespieltes Team geworden. Durch die ständige Änderung von Häufigkeit und Art der Probennahme und auch besonderen Ereignissen wie Weihnachtsfeier, etc. gibt es keinen wirklich typischen Tagesablauf. Um euch das Leben auf einem Forschungsschiff dennoch ein wenig näher zu bringen, haben wir im Folgenden einen ganzen Tag an Bord der Meteor dargestellt:

Um das Meiste aus der Fahrt herauszuholen, werden die Proben rund um die Uhr genommen. Zu diesem Zweck haben wir uns in 3 Gruppen aufgeteilt, die jeweils acht Stunden arbeiten, damit 24/7 jemand im Labor ist. Die Schichten sind jeweils:04:00 – 12:00; 12:00 – 20:00; 20:00 – 04:00.

04:00 Uhr: Feierabend für die Nachtschicht, Arbeitsbeginn für die Frühschicht (Außerhalb der Mahlzeiten steht rund um die Uhr ein prall gefüllter Kühlschrank zur Verfügung. Außerdem kann sich jeder etwas von den Mahlzeiten zurücklegen lassen und in der Mikrowelle aufwärmen)

07:15 Uhr – 08:15 Uhr: Frühstückspause in der Messe (die Zahl der Leute, die morgens zum Frühstück erschienen sind, hat sich Tag für Tag verringert, Schlaf war dann doch meist wichtiger)

11:15 Uhr – 12:15 Uhr: Mittagessen in der Messe

12:00 Uhr: Feierabend für die Frühschicht, Arbeitsbeginn für die Spätschicht

15:00 Uhr: Kaffee und Kuchen

15:15 Uhr: Chorprobe im Konferenzraum für das Kulturprogramm an Heiligabend

16:15 Uhr: Besprechung des weiteren Fahrtverlaufes und Ablauf der nächsten Probennahmen

17:15 Uhr – 18:15 Uhr: Abendessen

18:00 Uhr (Nach dem Abendessen): gemütliches Beisammensein mit Kartenspielen, Tischtennis, Darts, Filmabende, Musik hören

18:45 Uhr – 19:00 Uhr: Kantine geöffnet (Kiosk für Drogerie, Alkohol, Knabbereien)

20:00 Uhr: Feierabend für die Spätschicht, Arbeitsbeginn für die Nachtschicht

Jetzt wo die Fahrt zu Ende ist, können wir abschließend sagen, dass es eine aufregende, lehrreiche und in allen Hinsichten einzigartige Erfahrung gewesen ist.

Emily und Cansu beim Spannen der CTD (Foto: Nadine Weimar).
 

Eintrag 27.12.2020

Phytoplankton – mikroskopische Giganten (von Rohit Dey)

Mit meinem Bachelor-Abschluss in Biotechnologie und dem Master in Biomolekularen Wissenschaften mit einer Vertiefung in Umweltmikrobiologie war ich sofort von Phytoplankton (mikroskopische Algen) beeindruckt, als ich wissenschaftlich mit diesen Organismen Bekanntschaft machen durfte. Bei ihnen handelt es sich um sehr einfache Lebewesen, die schon lange existierten, bevor der Mensch lernte, das Feuer zu nutzen, und die sich in Form Tausender Arten an die verschiedensten Bedingungen, seien es nun heiße schwefelhaltige Quellen, Salzseen, das Meer oder unsere Wasserleitungen daheim. Sie sind in der Lage, in allen möglichen und den extremsten Umwelten zu überleben, oft genug dabei extremem Stress ausgesetzt.

A) Paralia sulcate. (B-E Diatoms) B) Podosira stelliger C) Thalassionema frauenfeldii D) Coscinodiscus spp. E) Thalassiosira spp. F) Ceratium spp. (Dinoflagellate). Einheimische Mikroalgen-Arten isoliert aus der Nordsee und den Flussmündungen.

Heute nutzen wir Mikroalgen dazu, unser tägliches Leben und industrielle Prozesse nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Im Rahmen meiner Doktorarbeit an der Jacobs University Bremen möchte ich diese Zellen nutzen, um Abwasser zu reinigen und aufzubereiten. Dabei geht es vor allem darum, Innovation mit Kosteneffizienz zu verbinden und somit weniger nachhaltige Methoden zu ersetzen. Phytoplankton-Kulturen sind sehr günstig in der Unterhaltung, widerstehen hohen Salz-, Stickstoff- und Phosphor-Gehalten und benötigen wie alle pflanzlichen Organismen im wesentlichen nur Licht und das Kohlendioxid in der Luft, um lebenswichtigen Sauerstoff zu produzieren. Die Biomasse von Phytoplankton kann geerntet und als Nahrungsquelle, zur Bioenergieproduktion, für die Herstellung von Bioplastik oder algenbasierten medizinischen Wirkstoffen wie zum Beispiel sogenannten Karotinoiden genutzt werden. Während der M169-Ausfahrt isoliere ich solche Algenkulturen aus der Nordsee und den betreffenden europäischen Flussmündungen, die sich bereits an die entsprechenden Umweltbedingungen angepasst haben. Ich hoffe sie dann ins Labor daheim zu bringen, um sie für die obengenannten biotechnologischen Anwendungen zu optimieren und zur Bekämpfung von Umweltverschmutzung einsetzen zu können.

Links: Doktorand Rohit Dey (links) und Prof. Dr. Matthias Ullrich (rechts) bei der Entnahme von Wasserproben in verschiedenen Wassertiefen aus Niskin-Flaschen zur weiteren Analyse im Labor. Rechts: Doktorand Rohit Dey bei der Analyse der Wasserproben auf mögliche Mikroalgen.
 

Eintrag 26.12.2020

3 Michelin-Sterne: „Einzigartige Küche und Service – eine Reise wert!“

Es ist kein Geheimnis, dass gutes Essen auf jedem Schiff eine wichtige Rolle spielt, um Leib und Seele zusammenzuhalten – denn viele Alternativen zum Arbeitsprogramm außer das regelmäßige Zusammenkommen zum Essen hat ein Schiff nicht. Und wen man auch fragt – wir sind einhellig der Meinung – das Meteor-Team von Kombüse und Steward-Bereich ist Spitze! Da ist selbst das frühe Aufstehen nach langer Nachtschicht kein Problem – denn man wird von den Stewards stets freundlich begrüßt und nach seinem heutigen Wunsch zum Frühstück gefragt – Pfannkuchen mit Früchten, frisch zubereitete Eier nach Wunsch, Toast Hawaii – wem das am frühen Morgen zu viel ist, der bedient sich am Buffet mit einem leichten Frühstück und Obst – selbst die Brötchen sind handgemacht. Lediglich die Essenszeiten sind für die meisten von uns etwas gewöhnungsbedürftig – nach dem Frühstück um 7:15 Uhr steht bereits um 11:15 Uhr das Mittagessen mit Vorspeise und Hauptgericht sowie Obst oder anderem Nachtisch an und um 17:15 Uhr das Abendessen, das außer dem gewohnten Brot mit Käse- und Wurstaufschnitt sowie Salat und Gemüse auch stets noch ein warmes Essen bietet. Wer zwischendurch noch Platz im Magen hat, kann sich nachmittags um 15 Uhr einen Kaffee oder Tee und ein Stück Kuchen oder Kekse holen. Diejenigen, die während der offiziellen Mahlzeiten oder nachts arbeiten müssen, können sich später am Kühlschrank bedienen und sich auch das warme Essen in der Pantry zurückstellen lassen.

Das Team Kombüse, Stewards und Wäscherei (von links): Koch Mike Fröhlich, 2. Stewardess Petra Zimmermann, Koch Patrick Kosanke, 1. Steward Jan Parlow, Auszubildende Vita Rottkämper, 2. Stewardess Peggy Hischke, Wäscher Gou Min Zhang.

Neben dem normalen Menüprogramm wird auch abwechslungsreiches vegetarisches Essen angeboten, das täglich ein separat gekochtes leckeres Gericht ist. Sogar unsere beiden Veganerinnen kommen voll auf ihre Kosten und zu jeder Mahlzeit weisen ihnen die Stewards die für sie geeigneten Gerichte zu, die auch für die Nicht-Veganer sehr ansprechend aussehen und nach Auskunft der Zielgruppe auch so schmecken. Für den kleinen Appetit zwischendurch oder ein gemütliches Zusammensein in der Bar am Abend findet sich eine Auswahl von Snacks, Softdrinks und eine große Auswahl an anderen Getränken in den beiden Messen und der Bar, wo alle sich auf eigene Kosten jederzeit bedienen können – man schreibt ein Ticket mit seinem Namen und dem entnommenen Produkt und abgerechnet wird am Ende der Reise beim 1. Steward Jan Parlow. Dieser betreibt auch einen Store, der an bestimmten Zeiten an den Wochentagen neben weiteren Verzehrprodukten und Drogerieartikeln auch kleine Mitbringsel sowie eine Bekleidungskollektion mit Meteor-Motiven bietet.

Ein Blick in die Kombüse; hier werden täglich die vielfältigen Menüs gezaubert.

Damit ist der Arbeitstag der Stewards aber noch lange nicht zu Ende. Zwischen den Mahlzeiten werden die öffentlichen Bereiche und die Kammern gereinigt, Bettwäsche und Handtücher verteilt und die gebrauchte Wäsche in der Wäscherei von Gou Min Zhang gewaschen. Für ein kleinen Geldbetrag kann man auch seine private Wäsche von ihm waschen und bügeln lassen – oder aber kostenlos die Waschmaschine und den Trockner auf einem der Decks benutzen.

Obwohl wir uns kaum vorstellen konnten, dass diese exzellente Verpflegung noch weiter zu toppen ist, wurden wir am Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen mit einem Menü und einem weihnachtlichen Ambiente eines Besseren belehrt. Von den Stewards festlich eingedeckte Tische, ein hübsch geschmückter Weihnachtsbaum und ein Menüprogramm vom feinsten. Und trotz all der zusätzlichen Arbeit, die Köche und Stewards über die ganzen Tage damit hatten, blieb der Service zuvorkommend und nett und das am Tisch servierte Essen, egal, ob mit Fleisch, vegetarisch oder vegan, war einfach köstlich. Nach Dessert und Espresso in netter Gesellschaft am Tisch waren wir rundum zufrieden – und uns bewusst, in welch besonders glücklicher Situation wir uns hier an Bord befinden, während unsere Lieben zu Hause im Corona-Lockdown mit großen Einschränkungen zurechtkommen müssen.

Drei Tage volles Weihnachts-Programm in der Messe; links: der 1. Steward Jan Parlow serviert Kapitän Rainer Hammacher und dem Sicherheitsoffizier Benjamin Mock am ersten Weihnachtsfeiertag den Elchbraten zum Mittag. Rechte Seite: Wie die Menükarte verrät, gab es am Heiligabend Lachs mit Beilagen und zum Nachtisch Backapfel mit Preiselbeerfüllung und Vanillesoße.
Sie sind gefühlt 24 Stunden am Tag für uns auf den Beinen und haben sich nur für das Foto einmal gemeinsam an den schon für das Mittagessen eingedeckten Weihnachtstisch gesetzt: Das Team Kombüse, Stewards und Wäscherei .
 

Eintrag 25.12.2020

Oft unsichtbar und doch fundamental – die „Maschine“

Den größten Teil ihrer Arbeitszeit verbringen sie in den Maschinenräumen des Schiffes – deshalb hat man sie manchmal kaum gesehen. Der leitende Erste Ingenieur (Chief) Volker Hartig und sein 7-köpfiges Team des Schiffstechnischen Dienstes sorgen dafür, dass das Herz des Forschungsschiffes im Takt bleibt und rund um die Uhr ein reibungsloser Betrieb gewährleistet ist. Außer dem Antrieb des Schiffes gehören dazu Stromversorgung, Klima, Winden, Kräne, Trinkwassererzeugung, Sanitäranlagen, Müll, Laborausstattung und einiges mehr – alles in allem wie eine kleine Stadt.

Besprechung im Maschinenkontrollraum: Motorenwärter Felix Staffeldt, 2. Ingenieur Jan-Erik Wilhelm, 2. Ingenieur Ralf Heitzer, Leitender Ingenieur Volker Hartig, und Decksschlosser Frank Sebastian (von links).

Eine Führung im Maschinenraum brachte uns diese beeindruckende und komplexe Welt im
Untergrund nahe. Elementar für den Schiffsbetrieb ist die Stromerzeugung. Drei Motorenwärter kümmern sich im 4-Stunden-Rhythmus-Wachdienst mit 8 Stunden Pause dazwischen um die vier Dieselmotoren, von denen 2-4 ständig laufen, und die weiteren dazugehörenden Aggregate. Fahren, Navigation, Steuern der Rudermaschine, Licht, Kühlung,... alles hängt davon ab, dass die Diesel fehlerfrei arbeiten.

Links: Motorenwärter Sören Andersen in der Maschinenwerkstatt; rechts oben: Motorenwärter Klaus Kudrass im Kontrollraum; rechts unten: Schiffselektrotechniker Andreas Gerlach in seiner Werkstatt.

Dem Ersten Ingenieur stehen zwei Zweite Ingenieure sowie ein Deckschlosser und ein Schiffselektrotechniker zur Seite, um Wartung und Reparaturen auszuführen. Zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehört alles, was auf dem Schiff mechanisch oder elektrisch funktioniert. Sie können auf eine sehr gut ausgestattete Maschinen-Werkstatt sowie auf eine große Auswahl an Materialien für die Reparaturen zurückgreifen. Dies ist auf See, häufig tausende Kilometer vom nächsten Service entfernt, besonders wichtig, denn alle möglicherweise auftretenden Schäden und Probleme müssen möglichst mit Bordmitteln behoben werden können. Dagegen müsste die Ersatz-Schiffsschraube, die jeweils speziell für jedes Schiff gefertigt wird und die hier im Laderaum mitgeführt wird, in einem Trockendock gewechselt werden. 

Links: Die Antriebswelle für den Schiffspropeller; oben rechts: Blick in den Dieselgeneratoren-Raum; unten rechts: David bestaunt bei der Maschinenführung den Ersatzpropeller mit 3 Meter Durchmesser.
Auch wenn wir hoffen, dass wir sie nie brauchen werden – auf dem ganzen Schiff ist eine Brandbekämpfungsanlage mit CO2 und Wasser sowie Rauch- und Brandmeldern installiert, die auch von der Maschinen-Crew gewartet und überprüft wird. Zur Leckabwehr gehört auch die sogenannten Schottenschließanlage, um Abteile im Schiff mit wasserdichten Schotten zu verschließen und im Falle eines Lecks den betroffenen Teil des Schiffes abtrennen zu können. Auch wenn alle diese Systeme nur sehr selten einmal zum Einsatz kommen, wird ihre Funktionalität vom Schiffstechnischen Dienst in enger Zusammenarbeit mit dem Sicherheitsoffizier regelmäßig gewartet und überprüft.
Der leitende Ingenieur Volker Hartig zeigt den Wissenschaftlern auf der Führung im Maschinenraum die Werkstatt. Links im Bild der 2. Ingenieur Ralf Heitzer an der Werkbank.
 

Eintrag 24.12.2020

GoFlo-Flaschen und Passivsammler - Zwei Möglichkeiten, Spurenmetalle im Meer zu erfassen (von Katja Schmidt)

Ziel unserer M169-Fahrt ist es, Fluss-, Küsten- und Meerwasserproben zu nehmen, um den Eintrag von Spurenmetallen vom Land ins Meer zu bewerten. Die erste Herausforderung besteht darin, diese Wasserproben zu bekommen, ohne sie dabei bereits zu kontaminieren. Denn Spurenmetalle befinden sich nicht nur in dem Wasser, das wir beproben wollen. Seien es Verunreinigungen im Tabakrauch (wie die Seltenen Erden Cer und Lanthan), Staubpartikel in der Luft (Kupfer, Kobalt oder Zink) oder Metalllegierungen (Eisen, Kobalt und Zink), Metalle sind überall und warten nur darauf, unsere Proben zu versauen! Da wir in unseren Proben nichts von diesen Signalen sehen wollen, sondern nur das, was im Wasser transportiert wird, beginnt ein erfolgreiches Spurenmetallprojekt immer mit der richtigen Probenahme.

Ich bin Katja und arbeite bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in der Abteilung für Marine Rohstofferkundung. In den letzten Jahren habe ich an zwei Forschungsfahrten in den zentralen Nordostpazifik teilgenommen, einem Gebiet, in dem der Meeresboden von Erzvorkommen, sogenannten Manganknollen, bedeckt ist. Auch hier könnte es in zu einer anthropogenen Freisetzung von Spurenmetallen in die Umwelt kommen, verursacht durch mögliche zukünftige Bergbauaktivitäten. Die Methoden zur Bestimmung von Spurenmetallen im Rahmen der Untersuchungen zu Umweltauswirkungen eines marinen Bergbaus sind denen unserer aktuellen Nordsee-Kreuzfahrt recht ähnlich. 

1. Mirja und Katja bringen einen der GoFlo-Wasserprobenehmer am Kevlar-Draht an (Foto: Adrienne Hollister); 2. Katja im Kältelabor (10 °C), bereit zum Ausbringen von drei Passivsammlermembranen, die an einer Angelschnur befestigt sind und in einem mit Elbmündungswasser gefüllten 25-Liter-Behälter versenkt werden sollen (Foto: Mirja Bardenhagen).

Um Wasserproben für unsere Spurenmetallanalysen zu gewinnen, verwenden wir sogenannte GoFlo-Wasserprobenflaschen (Abbildung 1). Eine GoFlo-Flasche ist für die Entnahme von Spurenmetallproben konzipiert, ohne dass irgendwelche Metallteile mit dem Wasser in Kontakt kommen. Um Metallverunreinigungen durch den CTD-Rosettenrahmen und durch Metallkabel zu vermeiden, setzen wir die GoFlos mit einem sogenannten Kevlar-Kabel ein, das nicht metallisch ist. An der Ober- und Unterseite der Flasche befindet sich jeweils eine Stopperkugel, die zum Öffnen der Flasche erst um 90 Grad gedreht werden muss. Sie einsatzbereit zu machen, ist zwar eine mühsame Arbeit, spart uns aber dadurch die Zeit im Fitnessstudio (Abbildung 1). Wenn die Flasche die Beprobungstiefe erreicht hat, ist das Verschließen der Flasche ganz einfach: Ein Gewicht wird vom Forschungsschiff aus entlang des Kabels zur Flasche hinuntergelassen und löst den Verschlussmechanismus aus, um die Flasche zu schließen. Wieder an Deck angekommen, werden die Proben geteilt und für verschiedene Zwecke konserviert, wobei weiterhin so metallfrei wie möglich gearbeitet werden soll - was auf einem Schiff aus Metall eine große Herausforderung ist. Wir decken Metallteile im Labor mit Plastik (Frischhaltefolie) ab, arbeiten unter Reinluftboxen, verwenden nur hochreine Säuren und versuchen, unsere Labore so sauber wie möglich zu halten - keine einfache Aufgabe, wenn so viele Menschen im selben Labor arbeiten. Da die südliche Nordsee und vor allem die Küstengewässer sehr flach sind (alle unter 50 m Tiefe), ist die Probenahmehäufigkeit recht hoch, was uns alle während unserer Schichten ziemlich auf Trab hält. In der ersten Woche habe ich zusammen mit Mirja, Mai-Brit und Adrienne in der Nachtschicht gearbeitet. Zurzeit machen wir die Tagesschicht, wobei zwei von uns die CTD und die Wasserprobennehmer ausbringen und die anderen beiden die Proben im Labor bearbeiten, filtern und wichtige erste Analysen durchführen.

Innerhalb der relativ flachen Flüsse verwenden wir einen einfacheren Ansatz und pumpen das Wasser durch eine Schlauchkonstruktion, anstatt die GoFlo-Flaschen einzusetzen.

Neben der Beprobung des Wassers mit GoFlo-Flaschen oder Schläuchen verwenden wir auch Passivsammler, eine wirklich clevere Methode, um Metalle aus dem Wasser zu sammeln. Eine Membran hängt einfach im Wasser und zieht einen bestimmten Teil eines Spurenmetalls an: diejenige Spezies, die nicht fest an andere Komponenten im Wasser gebunden ist und leicht von Organismen aufgenommen werden kann (der sogenannte labile Anteil). Sobald diese Metalle in die Nähe der Membran kommen, werden sie "eingefangen" und bleiben haften. Deshalb nennt man es Passivsammeln.

Die Passivsammler sammeln Metalle konstant über die Zeit, solange sie sich im Wasser befinden. Da sie mehrere Wochen im Wasser bleiben müssen, um eine ausreichende Menge anzureichern, entnehmen wir an ausgewählten Stellen in den Flüssen, den Küstengewässern und dem offenen Meerwasser große Mengen an Wasserproben und setzen die Membranen in 25-Liter-Ballons ein (Abbildung 2). Zusätzlich bekamen wir noch die großartige Gelegenheit, parallel zur Fahrt mehrere der stationären Unterwasserobservatorien in der Deutschen Bucht zu nutzen, die von verschiedenen Forschungseinrichtungen unterhalten werden und zum Coastal Observing System for Northern and Arctic Seas (COSYNA) gehören. Derzeit sind Platten mit Passivsammlern in der Elbmündung bei Cuxhaven (Abbildung 3), am Helgoländer Unterwasserobservatorium (wo die Passivsammler von wissenschaftlichen Tauchern ausgebracht wurden, Abbildung 4a,b), und einer Unterwasserstation nahe der Insel Spiekeroog installiert - alles Orte, an denen wir während unserer Fahrt auch Wasserproben nehmen.

3. Sechs Passivsammlermembranen in einer weißen Halterung, befestigt am Gestell des Unterwasserobservatoriums in der Elbmündung bei Cuxhaven, das vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) betrieben wird, Foto: Daniel Prüfrock (HZG); 4a,b. Ein wissenschaftlicher Taucher installiert Platten mit Passivsammlern am Helgoländer Unterwasserobservatorium, das vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) betrieben wird.

Aufgrund der konstanten Metallanreicherung im Laufe der Zeit bietet die passive Probenahmetechnik eine gute Möglichkeit, die niedrigen Spurenmetallkonzentrationen im Meerwasser zu überwinden und die Metallkontamination während der Probenahme und der Probenbehandlung an Bord und im Heimatlabor weiter zu minimieren. Als Ergebnis erhalten wir den durchschnittlichen Fluss von schwach gebundenen Spurenmetallen aus den Flüssen in die Nordsee für den Zeitraum, in dem die Passivsammler eingesetzt wurden. Da die Passivsammler selektiv diejenigen Spurenmetalle sammeln, die potenziell von Organismen aufgenommen werden können (und damit potenziell schädlich sind), erhoffen wir uns außerdem mehr Informationen über die Bioverfügbarkeit der durch anthropogene Aktivitäten freigesetzten Metalle.

 

Eintrag 23.12.2020

Die Macher an Deck – von A (Ausbringen der Geräte) bis Z (Zimmern von Transportboxen)

Die Decksmannschaft des FS Meteor besteht aus acht Personen: dem Bootsmann und sieben Matrosen. Sechs der Matrosen sind im ständigen Drei-Schicht-System 0-4, 4-8 und 8-12 sowie 12-16, 16-20 und 20-00 Uhr – also 4 Stunden arbeiten, 8 Stunden frei, 4 Stunden arbeiten und wieder 8 Stunden frei. Der Bootsmann und der 7. Matrose sind im Tagesdienst tätig, von 8 bis 17 Uhr. Alle haben viel Routine und kennen fast alle Geräte und deren besondere Einsatz-Bedingungen. Sie achten auf sicheren Umgang mit den Geräten (sowohl für Mensch als auch für Gerät) und arbeiten beim Aussetzen und Einholen der Geräte eng mit der Wissenschaft zusammen. Dabei bedient meist ein Matrose die Winde, d. heißt eine Seiltrommel, über die das Kabel oder der Draht, an dem das einzusetzende Gerät hängt, zu Wasser gelassen und wieder an Bord geholt wird. In unserm Fall beschränkt sich das weitgehend auf die CTD-Rosette und unsere GoFlo-Flaschen, um Wasserproben in verschiedenen Wassertiefen zu nehmen. Auf anderen Fahrten, z.B. mit Geologen oder Biologen, können dies aber auch Sedimentkerngeräte, Planktonnetze und weitere Geräte sein. 

Matrose Alexander Durst (Dursti) sichert die an Bord geholte CTD-Rosette. Rechts im Bild Bootsmann Michael Zeigert (Zeigi).

Bei komplizierteren Vorgängen überwacht der Bootsmann die Arbeiten und führt sie teils auch selbst aus. Er ist der Vorgesetzte der Matrosen und die rechte Hand des Leitenden Ersten Offiziers (Chief Mate). Er kümmert sich um die Umsetzung der mit dem Chief Mate besprochenen Arbeitseinsätze, die Einteilung der Decksleute sowie den Ladungsumschlag im Hafen.

Links: Ronald Kuhn (Kuno) fährt die Winde im Windenfahrstand, um die CTD-Rosette auszusetzen. Rechts: Piotr Bußmann bei Instandsetzungsarbeiten an Deck.

Wichtig für ein reibungs- und gefahrloses Arbeiten an Deck ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den Kollegen der Decksmannschaft. Aber auch zwischen den wachhabenden Decksleuten und den Wissenschaftlern, die die Stationsarbeiten durchführen, stellt sich oft schnell ein kameradschaftliches Verhältnis ein, was auch manchmal erforderliche Improvisationen beim Geräteeinsatz erleichtert. Dies war zum Beispiel der Fall, als wir feststellten, dass die hohe Partikelkonzentration in der Elbe bei der Beprobung unsere teuren und empfindlichen GoFlo-Flaschen beschädigt. Zusammen mit der Decksmannschaft und der Brücke wurde ein Konzept entwickelt, bei dem wir einen mehrere Meter langen säuregereinigten Laborschlauch an dem metallfreien Kevlar-Seil befestigen und mit Hilfe eines kunststoffummantelten Gewichts und Kran bzw. Winde neben dem Schiff ins Wasser lassen konnten. Mit Hilfe der Pumpe, die wir für die Ultrafiltration mitgebracht hatten, können die Flusswasserproben so direkt in große Probenbehälter gepumpt werden.

Links: Wachwechsel nach jeweils 4 Stunden bei der Decksmannschaft: Thorsten Kruszona, Olaf Lison und Henry Schabeck (von links). Rechts: Hubert (Hubi) Hildebrandt gibt dem Windenführer Zeichen, um gemeinsam mit den Stationsleiterinnen Katja Schmidt (links) und Sophie Paul (rechts) die Beprobung des Elbe-Flusswassers mittels Schlauch und Pumpe zu ermöglichen.
 

Eintrag 22.12.2020

Unsere Schicht-Gruppe - Dennis, Timmu, Franziska, David. Im Gegensatz zu Ga-Al und Ge-Si bleiben wir sowohl auf den Flüssen als auch auf der Nordsee zusammen (Foto: Mai-Brit Schulte).

Gallium-Aluminium und Germanium-Silizium – elementare Freundschaften

Ahoi! Mein Name ist David und ich bin Doktorand in der Rohstoff- und Umwelt-Geochemie Arbeitsgruppe der Jacobs University Bremen.

Gallium (Ga) und Aluminium (Al) sind zwei Elemente, die einander sehr ähnlich sind und sich daher auch bei geologischen/geochemischen Prozessen sehr ähnlich verhalten. Das Gleiche gilt für Germanium (Ge) und Silizium (Si), ein weiteres Elementenpaar. Man kann sich diese Elementenpaare am besten als Zwillinge vorstellen, die sich alles teilen und immer alles zusammen machen. Das bedeutet zum Beispiel, dass man in den verschiedensten magmatischen Gesteinen (z.B. Gesteine aus Vulkanen) aus der ganzen Welt mehr oder weniger das gleiche Verhältnis von Ga/Al und Ge/Si findet. Genau wie bei menschlichen Zwillingen beginnen Zwillinge jedoch an einem bestimmten Punkt in ihrem Leben sehr oft, sich individueller zu verhalten. Menschliche Zwillinge hören wahrscheinlich auf, ähnliche Kleidung zu tragen, sie haben unterschiedliche Freundeskreise oder fangen an, in unterschiedlichen Berufen zu arbeiten. Und dies ist dem Verhalten von Ga-Al und Ge-Si in wässriger Umgebung (z. B. in Seen, Flusswasser oder Meerwasser) sehr ähnlich: Gallium-Aluminium und Germanium-Silizium beginnen, sich unterschiedlich zu verhalten. Aluminium beispielsweise lagert sich bevorzugt an kleine Partikel an, die im Fluss- oder Meerwasser herumschwimmen. Sobald diese Partikel zu Boden sinken, nehmen sie das Aluminium mit und entfernen es aus dem Elementen-Inventar des Fluss- oder Meerwassers. Daher zeigen Flüsse höhere Ga/Al-Verhältnisse im Vergleich zu den Gesteinen, durch die sie fließen, und das Meerwasser wiederum zeigt noch höhere Ga/Al-Verhältnisse im Vergleich zu den Flüssen, die die Meere/Ozeane speisen.

Dennis und David installieren den Nitrat-Sensor OPUS an der CTD-Rosette (Foto: Franziska Klimpel).

Normalerweise untersuche ich eisenreiche Gesteine: so genannte gebänderte Eisenformationen. Diese gebänderte Eisenformationen sind bis zu einigen Milliarden Jahren alt. Zum Beispiel ist die gebänderte Eisenformation von Isua (Grönland) ~3.800.000.000 Jahre alt, während unsere Erde insgesamt 4.540.000.000 Jahre alt ist. gebänderte Eisenformationen bildeten sich in den alten Ozeanen und sie enhalten noch immer Informationen über das damalige Meerwasser und die atmosphärischen Bedingungen aus der Zeit ihrer Entstehung. In meinem Dissertationsprojekt untersuchen wir die Verteilung von Ga-Al und Ge-Si in den gebänderten Eisenformationen, um zu verstehen, ob die alten Ozeane denen von heute ähnlich waren oder ob sie anders waren. Es ist sehr wichtig, ein gutes Verständnis über die alten Ozeane zu bekommen, denn hier hat sich das erste Leben auf der Erde entwickelt. Die Frage nach dem Ursprung des Lebens ist wohl auch heute noch eines der faszinierendsten ungelösten Rätsel der Wissenschaft. Allerdings ist die Erforschung von Ge-Si und vor allem die von Ga-Al sehr neu und wir wissen über deren Verhalten, selbst in unseren modernen Fluss- und Meeressystemen, nur sehr wenig. Deshalb bin ich jetzt an Bord des FS Meteor und beprobe Flusswasser aus Ems, Elbe und Weser sowie aus der Nordsee. Ich hoffe, dass mir die Ergebnisse unserer Forschungsfahrt helfen werden, die Ergebnisse, die ich in den alten gebänderten Eisenformationen gefunden habe, zu verstehen und zu interpretieren. Das wiederum könnte uns dann helfen, die Umweltbedingungen vor Milliarden von Jahren besser zu verstehen und schließlich könnte es ein Teil im Puzzle der Entstehung des Lebens sein.

 

Eintrag 21.12.2020

Scandium - eine Reise in das Unbekannte

Mein Name ist Franziska Klimpel und ich bin Doktorandin an der Jacobs University Bremen. Mein Hauptforschungsinteresse gilt dem Verhalten von Scandium in wässrigen Systemen wie z.B. Flüssen.  Scandium gehört zu den Hochtechnologiemetallen über die Dennis bereits geschrieben hat. Scandium wird unter anderem für Aluminium-Scandium Legierungen in z.B. der Flugzeugindustrie und in Festoxidbrennstoffzellen verwendet. Im Allgemeinen ist das Verhalten von Scandium in wässrigen Systemen wenig verstanden und es gibt nur eine sehr begrenzte Menge an Daten für Flüsse, Ästuare und Ozeane. Sowohl für die Nordsee als auch für die Flüsse und Ästuare, die wir auf dieser Fahrt beproben, sind die Konzentrationen, die räumliche Verteilung sowie das Verhalten von Scandium während der Vermischung im Ästuar unbekannt. Daher ist diese Forschungsfahrt eine sehr gute Gelegenheit, die verfügbaren Datensätze für Scandium in diesen Systemen zu erweitern und ein besseres Verständnis für das Verhalten zu bekommen.

Links: Franziska misst Leitfähigkeit, pH und Temperatur in unseren Wasserproben im CTD Labor (Foto: David Ernst). Rechts: Der dekorierte Weihnachtsbaum in der Messe (Foto: David Ernst).

Es ist jedoch nicht nur wissenschaftlich eine große Chance, sondern auch für mich persönlich, da dies meine erste Forschungsfahrt ist. Bis jetzt war es eine tolle Erfahrung, trotz Nachtschichten und ein paar Tagen mit Wind, Regen und Wellen. Da der Weihnachtsbaum jetzt geschmückt ist und wir einige Weihnachtslieder für Heilig Abend üben, freue ich mich darauf, in ein paar Tagen Weihnachten an Bord zu feiern.

Die FS Meteor fotografiert von Land in Hamburg-Wedel während der Elbbeprobung (Foto: Martina Klimpel).
 

Eintrag 20.12.2020

Eintrag von Timmu Kreitsmann

Ich hatte gerade erst meine Postdoc-Stelle an der Jacobs University angetreten, als mir angeboten wurde, an dieser Forschungsfahrt teilzunehmen. Aufgrund der COVID-Pandemie war es unwahrscheinlich, nach Hause reisen zu können, und so brauchte ich nicht lange, um dieses Angebot anzunehmen und das diesjährige Weihnachtsfest auf der FS Meteor zu verbringen. Der dreiwöchige Aufenthalt auf einem Schiff mit meinen neuen Kollegen schien mir eine gute Gelegenheit zu sein, sie kennenzulernen und meine ersten praktischen Erfahrungen auf einer Meeres-Forschungsreise zu machen. In meinem aktuellen PostDoc-Projekt konzentriere ich mich auf das Verhalten der Seltenen Erdelemente (SEE) in alkalischen Wässern. Außerdem interessiere ich mich für sehr alte Sedimentgesteine, die Anzeichen für das erste Auftreten von freiem Sauerstoff in der Atmosphäre enthalten.

Links: Timmu nimmt eine Wasserprobe aus der Niskin-Flasche für die Analyse von Partikel-Material. Rechts: Blick über die FS Meteor. (Fotos von Franziska Klimpel).

Ein Schwerpunkt unserer Forschung bei dieser Fahrt sind die Seltenen Erdelemente und Yttrium (SEY). Die SEY haben ein breites Anwendungsspektrum von der Medizin und Elektronik (z.B. Smartphones) bis hin zu Hochleistungsmagneten, die in Windkraftanlagen verwendet werden. Mit dem Wandel hin zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft wird erwartet, dass die Verwendung von SEY in Zukunft stark zunehmen wird. Aufgrund ihrer breiten Verwendung und der auf nur wenige Länder begrenzte Vorkommen wurden die SEY in die Liste kritischer Metalle aufgenommen, die von der Europäischen Union in heraus gegeben wird. Im Meerwasser ist die Hauptquelle für SEY der Eintrag über die Flüsse. Mit dieser Fahrt wollen wir daher untersuchen, wie sich die SEY bei der Vermischung von frischem Flusswasser und salzigem Nordseewasser verhalten.

SEY sind eine Gruppe von Elementen, die sich in geochemischen Prozessen sehr ähnlich verhalten. Das macht SEY zu einem ausgezeichneten Werkzeug, um etwas über die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die biogeochemischen Elementkreisläufe zu erfahren. Es wurde bereits gezeigt, dass die menschliche Aktivität z.B. für die erhöhten Gadolinium (Gd) und Lanthan (La) Konzentrationen in Flüssen von stark besiedelten und industrialisierten Gebieten verantwortlich ist. Die Auswirkungen dieser Kontamination auf die Umwelt sind jedoch noch weitgehend unklar. Ein weiteres Ziel dieser Fahrt ist es daher, den anthropogene Eintrag besser von der natürlichen Konzentration der Seltenen Erdelementen in Flussgewässern und in der Nordsee zu unterscheiden.

 

Eintrag 19.12.2020

Hier geht’s ganz edel zu – Platin! (von Mai-Brit Schulte)

Ahoi, Ihr Landratten! Ich bin Mai-Brit und studiere zurzeit im fünften Semester Earth and Environmental Sciences an der Jacobs University. Tollerweise habe ich die Möglichkeit erhalten, als wissenschaftliche Hilfskraft auf dieser Forschungsfahrt dabei sein zu dürfen. Es ist gewiss nicht das erste Mal, dass ich auf einem Schiff bin, doch das erste Mal auf einem Forschungsschiff. Nachdem ich kürzlich viel über die MOSAiC-Expedition in die Arktis im Fernsehen gesehen hatte, war ich Feuer und Flamme, auf meine erste Expedition zu gehen! Für mich erfüllt diese Fahrt auch die Funktion, dass ich hier Proben nehme, zu denen ich im kommenden Semester meine Bachelorarbeit schreiben werde. Es wird um ein sehr edles Metall gehen: Platin, mit einem Grammpreis von etwa 37 € sogar wertvoller als Gold. Hoffentlich ein gutes Omen für die Bewertung meiner Bachelorarbeit – vielleicht erreiche ich damit ja Platinstandard!

Platin kennt wohl jeder vom Namen her. Ein Musiker erhält die Platinschallplatte ab einer gewissen sehr hohen Anzahl von Plattenverkäufen. Aber das erscheint nun wirklich nicht so bedeutend, dass Studentinnen über dieses Metall eine Bachelorarbeit schreiben sollten. Warum also der Aufwand? Platin hat eine sehr niedrige natürliche Konzentration in der Biosphäre von 0.5ng/g, während 80% des Platin-Eintrags auf der Erde anthropogenen Ursprungs sind (siehe Dennis‘ Blog-Beitrag). Platin als Umweltschadstoff ist eine relativ neue Sache und daher weitgehend unerforscht. Dies liegt daran, dass einige Quellen der Platinverschmutzung neue Anwendungen sind, die erst in näherer Vergangenheit etabliert wurden.

Spaß an und bei der Laborarbeit muss sein – auch um 2 Uhr nachts! (Foto: Adrienne Hollister).

Das seltene, korrosionsbeständige Metall ist tatsächlich sehr bedeutend in unserem täglichen Leben, besonders bei uns in Deutschland, sind wir doch die Auto-Nation schlechthin. Seit den 1990ern werden nämlich zur Verminderung der Schadstoffemissionen in Fahrzeugen Katalysatoren eingesetzt, in denen Platin die Hauptkomponente ist. Dies beschränkt sich nicht auf PKW, sondern reicht über Schiffe bis hin zu Schienenfahrzeugen.

Platin wird aber auch in der Krebstherapie eingesetzt, da es cytotoxisch, also giftig für Zellen ist. Schlecht für Krebszellen (leider auch für die „guten“ Körperzellen, aber das ist eine andere Geschichte). Mit der DNA (Erbinformaton) interagiert es und stört den Prozess der Zellteilung. Platin verbleibt jedoch nicht im Patienten, sondern wird von diesem über seinen Urin wieder ausgeschieden. Von Kläranlagen wird es bislang nicht herausgefiltert. So gelangt Platin über Abwasser sowie über Straßenstaub, Hafenwasser und Straßenabfluss in unsere Gewässer.

Noch sind die Konzentrationen gering, doch vielleicht werden sie in der Zukunft auf toxische Werte ansteigen. Es ist bereits klar, dass Platin im Wasser und in Meereslebewesen nachweisbar ist. Zum Beispiel in Muscheln und Delfinen – in deren Körpern es aber, genauso wenig wie in unseren, keine biologische Funktion erfüllt. Doch wieviel sich in der Nordsee und den deutschen Flüssen eigentlich derzeit befindet, ist unbekannt. Das gilt es jetzt herauszufinden!
Klar ist aber auch schon: Diese Fahrt wird mir sicher lange im Gedächtnis bleiben. Gutes Essen, harte Nachtschichten, tolle Gesellschaft sowohl von Besatzung als auch Wissenschaftler-Kollegen, Seegang von angenehm bis übelkeitserregend, und ein Weihnachten ohne Masken trotz strenger Corona-Maßnahmen an Land!

Abendstimmung auf Deck (Foto: Mai-Brit Schulte).
 

Eintrag 18.12.2020

Zeit und Gezeiten warten auf niemanden – auch nicht auf Ultraspurenmetalle in der Umwelt. (von Dennis Krämer)

Ich bin Dennis Krämer und Postdoktorand an der Jacobs University Bremen. In meiner Forschung untersuche ich das geochemische Verhalten von bestimmten Metallen, sogenannter Hochtechnologiemetalle, in der Umwelt. In erster Linie interessieren mich dabei die Wechselwirkungen von Gesteinen und Sedimenten/Böden mit natürlichen Lösungen wie Flusswasser und Meerwasser und die Wechselwirkungen dieser Elemente mit Pflanzen und Tieren. Entlang dieses “Interaktions-Dreiecks“ Geologie - Wasser - Biologie untersuchen wir in der Arbeitsgruppe „Rohstoff- und Umweltgeochemie“ das Verhalten von Hochtechnologiemetallen wie den Seltenen Erden, den Platingruppenelementen, Gallium, Germanium oder Scandium.


Um Aussagen über den anthropogenen, d.h., von Menschen verursachten Eintrag von Metallen in die Natur zu treffen, muss zu allererst der natürliche Eintrag dieser Metalle eingehend charakterisiert werden. Dies wird zunehmend komplizierter, da bereits heute für manche Metalle der anthropogene Eintrag jeglichen natürlichen, man spricht auch von geogenem, Eintrag um einige Größenordnungen übertrifft. Manche Elemente kommen in der Natur nur in sehr, sehr geringen Spuren im Meer- oder Flusswasser vor. Das Element Scandium, um nur ein Beispiel zu nennen, hat Elementkonzentrationen in Flusswässern im Bereich von 1-20 parts per trillion (ppt). Das heißt, unter 1.000.000.000.000 Atomen befinden sich gerade einmal 1-20 Scandium-Atome. Insbesondere bei Metallen, die analytisch sehr schwer zu erfassen sind und bei denen selbst heute die modernste geochemische Analytik schnell an ihre Grenzen kommt, ist eine Erfassung der geogenen Inhalte in natürlichen Systemen eine große Herausforderung. Diese in der Natur eigentlich sehr selten vorkommenden (Ultraspuren-) Metalle finden nun aber zunehmend Anwendung in vielen Hochtechnologien. Zu den Anwendungsbereichen gehören beispielsweise Abgaskatalysatoren, Elektromobilität, Erneuerbare Energien, Flugzeugbau oder auch die Medizin, beispielsweise in der Krebstherapie. Hier werden – im Vergleich zur natürlichen Hintergrundkonzentration in der Umwelt – große Mengen dieser Metalle verarbeitet und genutzt. Ganz gleich wie gut das Recycling für bestimmte Produktgruppen funktioniert, werden hier unweigerlich hohe Konzentrationen dieser Metalle auch in die Umwelt eingetragen, beispielsweise durch Abrieb oder durch Prozess- und Abwässer. So konnten beispielsweise im Rhein erhöhte, anthropogene Einträge der Seltenen Erden Lanthan und Samarium nachgewiesen werden, welche als Katalysatoren in der Erdölraffination verwendet werden.

Links: David Ernst (links) und Dennis Krämer (rechts) befestigen den TriOS OPUS Sensor für in-situ Stickstoffmessungen am Kranzwasserschöpfer (Foto: Franziska Klimpel). Rechts: Einer der sehr schönen Sonnenuntergänge wird sichtbar, nachdem sich die Wolkendecke etwas gelichtet hat. (Foto: David Ernst).

Für große Bereiche der Nordsee – und für viele der Hochtechnologiemetalle, die wir untersuchen -  existieren weder Daten zu natürlichen Hintergrundkonzentrationen noch zu möglichen anthropogenen Einträgen. Die von uns im Rahmen der Forschungsfahrt durchgeführte Inventarisierung der südlichen Nordsee und der Elbe-, Ems- und Wesermündungen in Bezug auf ihre Hochtechnogiemetallgehalte zielt somit auf zwei wichtige Forschungsfragen ab: 1) Die natürlichen Hintergrundgehalte sind bei den meisten Elementen nur unter striktem Ausschluss jeglichen anthropogenen Eintrags zu erfassen. Bei manchen Hochtechnologiemetallen sind die Anwendungsbereiche (aus Umwelt(forschungs)sicht kann man sagen, zum Glück) noch in der Entwicklung und/oder warten auf eine großskalige Anwendung, zum Beispiel von Scandium im Ultraleichtflugzeugbau. Ein signifikanter anthropogener Eintrag kann hier möglicherweise noch größtenteils ausgeschlossen werden und somit können natürliche Hintergrundkonzentrationen bestimmt werden, die später vom möglichen anthropogenen Eintrag einfach maskiert werden. 2) Bei einigen Hochtechnologiemetallen konnten bereits signifikante anthropogene Einträge in Flusswässern nachgewiesen werden. Das Verhalten dieser anthropogenen Metalle im Mischungsbereich Meerwasser – Flusswasser, also in natürlichen Ästuaren, sowie im Meerwasser unterscheidet sich durch chemische Prozesse (z.B. Komplexierung) teils drastisch von den „natürlichen“ Metallen. Dieses Verhalten wollen wir eingehend untersuchen, um genaue Aussagen zur möglichen Verbreitung dieser anthropogenen Hochtechnologiemetalle in den untersuchten Systemen treffen zu können.

 

Eintrag 17.12.2020

WTD, DWD, Doc – gerade zu Beginn einer Reise geht ohne sie oft nicht viel!

Wir Wissenschaftler können uns zu Hause noch so gut auf unsere Forschungsreise vorbereiten – auf dem Schiff angekommen, sind wir einer anderen Realität ausgesetzt als im heimatlichen Büro oder Labor. Der neue Sensor hat den Transport zum Schiff heile überstanden – aber warum funktioniert die Schnittstelle zur CTD nicht? Wie war das doch gleich mit der Software, mit der man die CTD-Stationen steuert – die letzte Reise ist doch schon zu lange her ... Wie kriege ich meinen Laptop ins schiffseigene Netzwerk eingebunden? Wo finde ich im Schiffsinformationssystem DSHIP meine relevanten Daten? Wenn mit kompetenter und zügiger Unterstützung der Abteilung WTD – Wissenschaftlich-technischer Dienst – dann alle Anfangsprobleme beseitigt sind, sind auch im weiteren Verlauf der Reise die drei Mitglieder dieser Abteilung immer wieder gefragt. Die Schiffsgeräte sind extremen Einsatzbedingungen ausgesetzt und benötigen regelmäßig Wartung und Reparaturen. Manchmal hält auch ein eigenes mitgebrachtes Gerät den ungewöhnlichen Einsatzbedingungen nicht stand. Ersatzteile bestellen und zur Reparatur an den Hersteller schicken sind keine Optionen auf Forschungsexpeditionen – aber auch hier kann der WTD durch seine vielfältigen Erfahrungen meist mit kreativen Lösungen weiterhelfen. Daher sind die Proben und Daten, die wir von unserer Reise mit nach Hause nehmen, auch zu einem nicht unerheblichen Anteil dem WTD zu verdanken.

Das Elektroniker-Team Cathi Hebold und Olaf Willms arbeitet an einer Fehlerdiagnose der CTD.
Systemmanager Stefan Seidel kümmert sich um Computer, Netzwerke und das DSHIP-Informationssystem.

Auch wenn er das Wetter nicht nach unseren Wünschen beeinflussen kann – der Mitarbeiter vom Deutschen Wetterdienst DWD wartet die installierten Wettermesssysteme und vermittelt der Fahrtleitung und der nautischen Abteilung für die Planung der Routen und Stationsarbeiten die detaillierten Wettervorhersagen, die er von den Kollegen im Seewetteramt in Hamburg bekommt. Da gewisse Geräte bei hohem Wellengang nicht mehr ausgesetzt werden können und auch das Arbeiten im Labor dann schwierig werden kann, gibt uns dies die Möglichkeit, uns darauf einzustellen und gegebenenfalls die Fahrtroute anzupassen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Nordsee im Dezember durchaus eine ungemütliche Gegend sein kann, hatten wir einen recht ruhigen Start und erst jetzt, auf dem Weg in die offene Nordsee, ist der Seegang von ca. 2 Metern deutlich zu spüren.

Wettertechniker Martin Stelzner in der Bordwetterwarte vor dem Monitor, der die registrierten Messwerre anzeigt.

Obwohl der Zusammenhang auf den ersten Blick nicht unbedingt einleuchtend sein mag, hängt auch die Arbeit des Bordarztes, genannt „Doc“, in gewissem Maße von den Vorhersagen des Wetterdienstes ab. Denn die häufigsten Beschwerden, die er zu behandeln hat, sind zu Beginn der Reisen durch den Seegang bedingt. Seekrankheit äußert sich meist durch Müdigkeit, Übelkeit und Gleichgewichtsstörungen – das ist zwar nichts gesundheitlich Bedrohliches, kann jedoch die oft langen Arbeitsschichten der Wissenschaftler erheblich beeinträchtigen, insbesondere wenn die Augen sich lange auf den Computerbildschirm oder ein kleines Laborgerät fixieren müssen. Rechtzeitig eingenommen, können harmlose Mittel diese Symptome zuverlässig mindern und für einen ungestörten Fahrtgenuss sorgen. Aber auch auf andere auftretende gesundheitliche Probleme und sogar auf schwerere Fälle, die zum Glück nur selten eintreten, ist man auf dem FS Meteor vorbereitet – es gibt neben dem Hospital mit zwei Betten einen Behandlungsraum mit Röntgengerät, Ultraschall und Möglichkeiten für kleinere Operationen sowie eine kleine gut sortierte Apotheke.

Links: Bordarzt Michael Hinz bei der Kontrolle der medizinischen Geräte, hier einem Defibrillator; rechts: Ein Blick in den Behandlungsraum
 

Eintrag 16.12.2020

Ultrafiltration: 0.015µm ist schon klein, aber es geht noch kleiner. (von Nadine Weimar)

In den letzten Tagen haben wir schon von Adrienne Hollister und Matthias Ullrich viel von Filtern gehört, heute möchte ich die Ultrafiltration hinzufügen.

Die Ultrafiltration wurde schon länger in der Forschung von Biologen und Biochemikern verwendet und hat in den letzten Jahren auch bei uns, in der Geochemie, immer mehr Einsatz gefunden. Die Ultraflitration wird aber auch in ganz anderen Bereichen verwendet wie zum Beispiel der Konzentration von Milch für Käse, bei der Tinkwasseraufbereitung oder auch in der Pharmazie, um nur ein Paar weitere Einsatzmöglichkeiten zu nennen.

Bei der Ultrafiltration werden die Filtergrößen mit der Einheit Dalton (Da) beschrieben. Das ist die Einheit der Molekülmasse. Die verwendeten Membranen sind 1kDa oder 10kDa. 1kDa, also ein kilo-Dalton sind ungefähr ein Nanometer und ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter. Also noch kleiner als klein!

Bei der Ultrafiltration gibt es verschiedene Mechanismen, bei uns an Bord kommt die Tangentialfluss-Filtration („cross-flow“) zum Einsatz. Bei dieser Technik bekommen wir keinen Filterkuchen (siehe Beitrag von Adrienne), sondern zwei Flüssigkeiten. Unsere Nordsee-Wasserprobe wird mit einer angepassten Geschwindigkeit parallel zu einer Membran gepumpt und das Permeat „quer“ zur Fließrichtung abgezogen. Ein zweiter Teil passiert die Membrane nicht und wird als Retentat gesammelt.

Der Ultrafiltrationsprozess selbst ist sehr aufwändig und zeitintensiv. Für unsere Fragestellungen und die niedrig konzentrierten Element-Gruppen wird ein Volumen von 10- 25 Litern benötigt. Der Filtrationsprozess kann bis zu 12 Stunden dauern. Unser Team beprobt und bereitet die Proben rund um die Uhr auf, in drei Schichten von 4-12 Uhr, 12-20 Uhr und 20-4 Uhr.

Warum der ganze Aufwand? Was interessiert uns daran? Das Interesse gilt den Kolloiden und der echt gelösten Fraktion unserer Probe. Kolloide sind ganz kleine Teilchen, so klein und leicht, dass sie in der Wassersäule als Schwebefracht verbleiben; sie agieren somit als wichtige Transport-Agenten, die in den Flussmündungen beim Mischen von Süßwasser und Salzwasser zusammenklumpen können und dann als Sediment absinken. Wir erhoffen uns, hierdurch chemische Kreislaufprozesse zu verstehen, mit denen Material vom Land über die Flüsse ins Meer eingetragen werden.

Noch kurz zu mir. Die Ultrafiltration und Kolloide sind mir sehr vertraut, genau zu diesem Thema promoviere ich, Nadine Weimar, bei Professor Michael Bau an der Jacobs University. Meine Flusswasser-Proben aus Schweden, Island oder Hawaii werden aber eher von Land aus beprobt. Somit möchte ich noch kurz meine ersten Erfahrungen an Bord mit Euch teilen: Zu den spannenden wissenschaftlichen Eindrücken kommen die schönen Momente auf dem Schiff. Wenn die Wellen ein wenig das Schiff schaukeln lassen, der Wind um die Nase bläst, wenn die Proben aus dem Wasser gezogen werden, der Sonnenauf- und Sonnenuntergang, der Sternenhimmel, sofern das Wetter mitspielt, und die vielen guten Gespräche.

Hatte ich nicht von Käse und Kuchen gesprochen? Es ist 17:15, Zeit für die Messe, es gibt Abendbrot. Die Kombüse bereitet uns immer was Leckeres vor und somit ist für jeden Feinschmecker etwas dabei.

Nadine Weimar kontrolliert im Schiffslabor die Pumpe der Ultrafiltrationsanlage. - Photo: Katja Schmidt
Einer der schönen Momente zwischen den Beprobungsstationen und langen Stunden an der Ultrafiltration - Photo: Nadine Weimar
 

Eintrag 15.12.2020

Die Brücke – das Zentrum der Macht

Auf der Brücke laufen alle Fäden der Forschungsfahrt zusammen. Der Kapitän und die nautischen Offiziere sind für die Schiffssicherheit und den Schiffsbetrieb sowie die Koordination der verschiedenen Arbeitsbereiche verantwortlich. Der Austausch zwischen Kapitän und Fahrtleitung beginnt schon viele Wochen vor der Reise, denn vieles an Fahrtlogistik und Fahrtablauf erfordert Planung und intensive Vorbereitung, wie z.B. in unserem Fall die Beprobung der Flüsse, die die Einbindung von Lotsen erfordert; die Fahrtleitung trägt ihre Wünsche und Ziele der Forschungsfahrt an den Kapitän und die Leitstelle für Forschungsschiffe sowie die Reederei Briese heran und gemeinsam wird überprüft, was wie möglich zu machen ist. Rainer Hammacher ist seit 2005 Kapitän, um genau zu sein „Diplom-Nautiker Kapitän auf großer Fahrt“, und seit 2013 fährt er für die Forschung auf FS Meteor. Er und ein Großteil des nautischen Teams der M169 haben bereits 2018 mit der Fahrtleiterin Andrea Koschinsky eine vergleichbare Forschungsfahrt in der Amazonas-Mündung durchgeführt. Auch wenn die Dimensionen von Amazonas und Ems-Weser-Elbe deutlich andere sind, sind doch viele Herausforderungen wie der Einfluss der Gezeiten, flache Wassertiefen und Einschränkungen z.B. durch Schiffsverkehr und Fischerei vergleichbar. Aber in der Nordsee war dieses Team noch nie unterwegs und so sind die morgendlichen Besprechungen auf der Brücke mit den Leitern aller Abteilungen immer ein wichtiger Start in den neuen Tag.

Kapitän Rainer Hammacher (Mitte) und Fahrtleiterin Andrea Koschinsky besprechen mit dem Zweiter Nautischen Offizier Ken Schnieders (links), der für die Navigation und die Routenplanung verantwortlich ist, die Route und die nächsten Probenstationen auf dem Weg vom Emsausstrom in Richtung Nordwesten zur Doggerbank.
Der Erste Nautische Offizier Benjamin Mock ist unter anderen für die Schiffssicherheit verantwortlich. Hier weist er die nautische Praktikantin Helena Gramlich in die Geräte des vorderen Fahrstands ein.
Der leitende Erste Nautische Offizier Derk Apetz (links) ist der Vorgesetzte der Nautischen Offiziere und der Deckscrew sowie Stellvertreter des Kapitäns. Hier bespricht er auf der Brücke mit dem Bootsmann Michael Zeigert (rechts) die nächsten Geräteeinsätze.
 

Eintrag 14.12.2020

Auf der Suche nach einer Erklärung für das Unerwartete (von Matthias Ullrich)

Ich bin Matthias Ullrich, seit 2002 Professor für Mikrobiologie an der Jacobs University. Leidenschaftlich forsche und lehre ich gleich an drei Fronten: Mir haben es Pflanzen, Mikroben und das Meer besonders angetan. Das spiegelt sich in großen Industrieforschungsaufträgen wider, meiner Mitabeit bei einem in Bremen von verschiedenen Institutionen geführten Graduiertenprogramm für Marine Mikrobiologie ebenso wie in meiner Leidenschaft für Rhododendren oder mein Meerwasseraquarium im Büro.

Matthias Ullrich bei der Laborarbeit im Mikrobiologie-Labor des FS Meteor. Die Filter der Wasserproben werden gewaschen und die so erhaltenen Bakteriensuspensionen auf Agarplatten gebracht.
Unser eher kleines Team der Marinen Mikrobiologen auf der M169-Forschungsausfahrt beschäftigt sich mit einer etwas unerwarteten Entdeckung, die schon einige Jahre zurückliegt. Damals hatten wir in der Nordsee marine Bakterien entdeckt, die einer Schwermetall-Konzentration gegenüber resistent waren, wie sie nie im Ozean zu finden ist und die für andere Mikroben tödlich ist. In den entdeckten Bakterien fanden wir Gene, die für die Resistenz verantwortlich sind, verblieben aber im Unklaren darüber, warum die Mikroorganismen solche Resistenzen entwickelt haben und wofür sie sie nutzen. Im Rahmen der M169-Ausfahrt wollen wir neue schwermetall-resistente Mikroben entdecken, identifizieren und weiter hinsichtlich ihrer Resistenz charakterisieren. Hierfür nehmen wir Wasserproben aus unterschiedlichen Wassertiefen und mit verschiedenen Nährstoff- sowie Sedimentgehalten. Wir filtern die Proben und kultivieren die darin enthaltenen Bakterien auf Nährmedien, die die Schwermetalle enthalten. Später nutzen wir genetische Methoden, um die Bakterienarten zu identifizieren, und wollen verstehen, worauf die Resistenzen beruhen. Wir Mikrobiologen genießen auf der M169-Ausfahrt die konstruktive Zusammenarbeit mit Geochemikern und Ozeanographen, lernen ebenso von ihnen wie sie von uns lernen können. Später zurück auf dem Campus werden wir die Daten und das Material dieser Experimente für Forschungs- und Lehrmaterial für Studierende der Studienrichtungen Biochemie und Zellbiologie, Geo- und Umweltwissenschaften sowie Chemie/Biotechnologie nutzen.
Doktorand Rohit Dey und die Auszubildende Cansu Özer bei der Arbeit im Mikrobiologielabor an Bord. Rohit untersucht Algenproben mit dem Mikroskop, während Cansu die Bakteriensuspensionen vorbereitet.
 

Eintrag 13.12.2020

Die verschiedenen Dimensionen von „winzig“ (von Adrienne Hollister)

Als Spurenmetall-Ozeanographin versuche ich die Meereswelt in ihren kleinsten Maßstäben zu verstehen. Ich interessiere mich besonders für die lebensnotwendige Metalle - wie Eisen oder Kupfer - und ihren Wechselwirkung mit organischen Molekülen, die „Liganden“ genannt werden. Die Verfügbarkeit von Metallen ist durch eine Kombination von chemischen Eigenschaften wie der Bindungsstärke mit den Liganden und physikalischen Eigenschaften wie der Größe beeinflusst. Filtration durch Membranen mit unterschiedlichen Porengrößen gibt uns Informationen über die Größe dieser Metalle und ob sie partikulär, kolloidal oder löslich sind.

1 Mikrometer (µm) ist tausendmal kleiner als ein Millimeter - zu klein, um es mit bloßem Auge zu sehen. Die Metalle, die die Filter passieren, sind noch kleiner: 0,2 µm und 0,015 µm!  So sind biologische Organismen wie Bakterien und Phytoplankton, sowie anorganische Partikel wie z.B. Sedimentpartikel herausgefiltert, und nur die kleinsten Formen der Metalle im Meerwasser verbleiben.

Durch die Beprobung von Wasser mit verschiedenen Salzgehalten, von Süßwasser bis Meerwasser, können wir sehen, wie sich die Größenverteilung dieser Metalle ändert, wenn sich eine Flussfahne mit dem Ozean vermischt. Die Filtration erfordert oft Geduld, insbesondere bei kleinsten Größen. Wasser mit niedriger Salinität, das oft sehr produktiv ist und große Mengen an Partikeln enthalten kann, benötigt sehr lange für die Filtration. Ich persönlich höre gerne Podcasts während der langen Filtrationsdauer, und es gibt immer jemanden im Labor, der helfen kann, wenn man eine Kaffeepause braucht. Am Ende lohnt sich das alles, denn wir bekommen robuste Datensätze, die einen tiefen Einblick in den Spurenmetallkreislauf im Mündungssystem der verschiedenen Flüsse bieten.

Adrienne Hollister (links) und andere Mitglieder des M169-Teams (von links: Mai-Brit Schulte, Franziska Klimpel, Annika Moje und David Ernst), hier während des Ablegens am Hafen in Emden, freuen sich auf eine spannende Forschungsexpedition.
Adrienne Hollister filtriert die verschiedenen Wasserproben in der reinen Umgebung einer Plexiglas-Box durch feine Membranfilter, um die verschiedenen Größenfraktionen der Spurenmetalle voneinander zu trennen. (Foto: Katja Schmidt). Rechts: Right: Membranfilter mit Partikeln nach Filtration der Probe (Foto: Adrienne Hollister).
 

Eintrag 12.12.2020

Curiosity (Neugier), Transformation (Transformation), Discovery (Entdeckung) – CTD (von Sophie Paul)

Die CTD, englische Abkürzung für Conductivity (Leitfähigkeit), Temperature (Temperatur), Depth (Tiefe), ist eines der meistgenutzten ozeanographischen Geräte. Für mich bedeutet CTD bei einer Forschungsfahrt aber auch Curiosity (Neugier), Transformation (Transformation), Discovery (Entdeckung). Ich bin neugierig (curious) auf ein Thema, zum Beispiel den Transport von Spurenmetallen in die Nordsee und den Eintrag anthropogener Metallkomplexe. Eine Forschungsfahrt ist häufig eine transformative Reise, auf der man unvergessliche Erfahrungen sammelt und viel über sich selbst und sein Team lernt – während Nachtschichten oder bei Freizeitaktivitäten, man ist schließlich 24 Stunden, 7 Tage die Woche zusammen. Entdeckungen (Discoveries) macht man auf einer Forschungsreise hoffentlich auch – sodass man am Ende seine Forschungsfragen beantworten kann. Manchmal entdeckt man aber auch komplett unerwartete neue Dinge. Das ist meine persönliche CTD.

Links: Das Gerät der Neugier, Transformation und Entdeckung – die CTD, bestehend aus einem Rahmen, einem Sensorsystem für Leitfähigkeit,Temperatur und Tiefe sowie Wasserprobenehmern (Foto: Sophie Paul). Rechts: Während die CTD im Wasser ist, überwacht Sophie Paul online die Datenaufzeichnung und gibt das Signal für das Schließen der Probenflaschen an der gewünschten Stelle. (Foto: Andrea Koschinsky).

Bei der CTD an Bord der METEOR handelt sich um einen Sensor, der die oben genannten Parameter (Leitfähigkeit, Temperatur, Tiefe) aufzeichnet und ist das meistgenutzte Gerät auf dieser Fahrt. Wir bekommen Informationen über die Wassersäule mit diesem Sensor und sind am meisten an den Leitfähigkeitswerten interessiert, da diese uns etwas über die Änderung des Salzgehalts vom Flusswasser zum Meerwasser erzählen. Da Spurenmetall-Kreisläufe stark von diesem Mischungsprozess zwischen Süßwasser und Salzwasser beeinflusst sind, ist die Leitfähigkeit einer der ausschlaggebenden Faktoren, wenn wir entscheiden wo wir Wasserproben nehmen. Der CTD Sensor wird zusammen mit einem Rahmen benutzt, an den man Wasserschöpfer anbringen kann, die dann an einer ausgewählten Stelle geschlossen werden können; zum Beispiel bei einer bestimmten Salinität oder Tiefe. All das wird von einem Computer gesteuert, an dem die Werte des CTD-Sensors in Echtzeit angezeigt werden. Sobald die CTD an Deck ist holen die verschiedenen Arbeitsgruppen ihre Wasserproben ab für eine weitere Bearbeitung im Mikrobiologie- oder Geochemielabor. Für die Geochemie benutzen wir besonders saubere „GoFlo“ Flaschen die spurenmetall-rein sind. Um ihre Sauberkeit zu bewahren, beschützen wir sie mit Plastiktüten bis kurz vor dem nächsten Einsatz. Für noch sauberere Wasserproben werden „GoFlos“ am Kevlar Kabel eingesetzt, um Metallkontamination vom Metallgestell des Kranzwasserschöpfers und des Metallkabels der CTD zu vermeiden. Aber mehr davon in den nächsten Tagen…

Wenn das Gerät nach der Wasserprobenahme zurück an Deck ist, entnehmen die verschiedenen Teams ihre Proben. (Foto: Andrea Koschinsky).
Sophie Paul und Mai-Brit Schulte entnehmen im Schiffslabor das Wasser aus den spurenmetallreinen Wasserprobenehmern zur weiteren Bearbeitung im Labor. (Foto: Andrea Koschinsky).
 

Eintrag 11.12.2020

Endlich an Bord!
Am Donnerstag gegen Mittag war es endlich soweit – nachdem für alle die negativen Ergebnisse des Corona-Antigen-Schnelltests da waren, wurden wir nach Abholung der neu einsteigenden Mitglieder der Schiffscrew, die in einem anderen Hotel ihre Quarantäne abgeleistet hatte, mit einem Bus nach Emden in den Hafen gebracht. Hier erwarteten uns bereits die nach der letzten Reise an Bord verbliebene Schiffsmannschaft, ein Mittagessen und jede Menge Aluminiumkisten, in denen wir per LKW unsere Laborausrüstung hatten zum Schiff bringen lassen. Viel Zeit für die Orientierung blieb auch denen nicht, die zum ersten Mal die Meteor betraten – es blieben weniger als 24 Stunden bis zum Auslaufen um 12 Uhr mittags am kommenden Tag und danach nur 2 weitere Stunden, bis in der Ems bereits die ersten Proben mit einem Wasserschöpfersystem genommen werden sollten. Es wurde ein langer Abend, bis alle einen Platz in einem der Labore gefunden, die Kisten gemeinsam ausgepackt und die Geräte aufgebaut waren. Und wenn jemand nicht mehr weiter wusste oder in den Schiffsgängen herumirrte, war stets eine helfende Hand der Crew nicht weit. So konnten wir halbwegs beruhigt, aber natürlich mit einer gewissen Spannung, in die Koje gehen und heute morgen nach der vorgeschriebenen Sicherheitsübung mit Aufsuchen der Rettungsboote die Vorbereitungen fortsetzen.

Das erste richtige Gruppenfoto nach dem Auschecken aus dem Corona-Camp-Hotel.
Ankunft am Forschungsschiff Meteor im Hafen von Emden. Foto: Andrea Koschinsky.

Beim Auslaufen hatten wir bei kühlem, aber ruhigem Wetter gute Sicht, allerdings blieb nicht viel Zeit, die Fahrt durch die Schleuse zu genießen, denn schon kurze Zeit später suchten wir mit Hilfe unseres inzwischen an Bord gegangenen Lotsen einen geeigneten Platz für die erste Wasserprobe bei Ebbe und mit möglichst geringem Salzgehalt, also möglichst hohem Anteil an Süßwasser. Sehr schnell mussten wir feststellen, dass hier die äußeren Rahmenbedingungen die Probenahme bestimmen; in der schmalen Fahrrinne konnten wir nicht lange verbleiben, um andere Schiffe nicht zu beeinträchtigen und neben der Fahrrinne war die Wassertiefe mit 6-8 Metern zu gering für die Meteor; also blieb nur, weiterzudampfen, bis wir einen geeigneten Platz für die erste Probe gefunden hatten. Auch nachdem diese sicher in den Probeflaschen und anschließend zur Bearbeitung im Labor war, blieb der erste Tag der Probenahme bis zum Abend voller Herausforderungen technischer und logistischer Art, die jedoch am Ende alle durch tatkräftigen Einsatz der verschiedenen Teams gemeistert werden konnten.

Viele Aluminiumkisten mit Ausrüstung warten darauf, ausgepackt und ihr Inhalt in den Laboren verstaut zu werden. Foto: Andrea Koschinsky.
Die Forschungsreise M169 beginnt: Die Meteor in der Schleuse auf dem Weg in das Fahrwasser der Ems. Foto: Stefan Seidel.
 

Eintrag 09.12.2020

Seit Montagnachmittag befinden sich alle 16 Wissenschaftler/innen und eine Ersatz-Person in Leer in einem Hotel für das Quarantäne-Camp. Mittlerweile kennen wir alle Vorzüge und Nachteile, für 3 Tage das Zimmer nicht verlassen zu dürfen – auch das Essen wird vor die Tür gestellt. Man muss sich um nichts kümmern, kann die liegengebliebene Büroarbeit erledigen, lesen, oder fernsehen, bis die Augen nicht mehr mitmachen. Die einzige direkte Kontaktperson war die vermummte Mitarbeiterin des Corona-Testlabors, die am Dienstag den Abstrich machte – inzwischen haben alle ihr negatives Testergebnis aufs Handy bekommen und wenn am Donnerstagmorgen der Corona-Antigen-Schnelltest das negative Ergebnis bestätigt, dürfen wir die Zimmer verlassen und werden gemeinsam – ohne in der Zeit Kontakt zu einer anderen Person aufnehmen zu dürfen – zum Schiff gebracht.

Der persönliche Kontakt fehlt uns trotz des umfassenden Hotelservice natürlich, und für die regelmäßigen Video-Meetings, mit denen wir uns zu Hause auf die Reise vorbereitet haben, reicht das Internet im Hotel nicht aus. So haben wir als Ersatz nun ein Tee-Meeting anberaumt, bei dem man sich um 15 Uhr mit einer Tasse Ostfriesentee nach draußen auf den Balkon begibt und mit den Nachbarn ein paar Worte wechselt. Beim ersten Mal war jeder neugierig, wer denn auf dem benachbarten Balkon auftauchen würde! Da jedoch nicht alle Balkone an derselben Gebäudeseite waren, ist die Freude umso größer, am Donnerstag endlich alle echt und in Farbe wiederzusehen!

15-Uhr Tee auf dem Balkon, um der Isolierung in den Hotelzimmern für einen Moment zu entkommen - Foto: Adrienne Hollister
Das Hotel hält die richtige Ausrüstung für die ostfriesische Tee-Zeremonie für uns bereit. - Foto: Adrienne Hollister

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Auf den Spuren geogener und anthropogener kritischer Hochtechnologie-Metalle in der südlichen Nordsee (TRAM)

Ein Team aus 16 Forschern – 14 von der Jacobs University und zwei von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover werden Weihnachten auf See verbringen – genauer gesagt, in der Nordsee. Zu unserem Team gehören zwei Professoren, mehrere Postdoktoranden und Doktoranden, zwei Techniker, zwei Auszubildende und eine Bachelor-Studentin. Das Jacobs-Team setzt sich aus Mitarbeitenden der Arbeitsgruppen von Professor Andrea Koschinsky, Professor Michael Bau und Professor Matthias Ullrich zusammen, mit einem Schwerpunkt auf Spurenmetall-Geochemie in Wässern und mariner Mikrobiologie.

Die Forschungsfahrt M169 mit FS Meteor führt uns in die Flussmündungen von Ems, Weser und Elbe und in die Nordsee, um menschengemachte Einträge von neuartigen kritischen Metallen wie Seltene Erden, Scandium, Gallium, Germanium, Platin und anderen aus den Flüssen ins Meer zu untersuchen. Diese Metalle werden zunehmend in neuen grünen Technologien wie Windkraft und Photovoltaik und in der Medizin eingesetzt und können in die Umwelt eingetragen werden, wo sie letztendlich die Flüsse und die Küstenregionen erreichen. Der Schwerpunkt der Forschungen ist die Charakterisierung der natürlichen und anthropogenen Einträge entlang der Mischungslinien der drei Flüsse mit dem Nordseewasser und an möglichen Hotspots wie Helgoland und den Einflüssen von Rhein und Themse an der Westgrenze der Ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands. Diese Regionen werden verglichen mit weniger betroffenen Bereichen in der Nordsee an der Dogger-Bank. Die mikrobiologischen Arbeiten befassen sich mit Metallresistenzen von mikrobiellen Gemeinschaften, um einen Eindruck von der Auswirkung des Metalleintrags auf die erste Ebene der marinen Nahrungskette zu erhalten.  

Man mag sich fragen – warum eine Forschungsfahrt in der Nordsee im Dezember, wenn das Wetter dort meist sehr rau ist? Die einfache Begründung sind die Rahmenbedingungen der Pandemie, die auch die Mobilität von Wissenschaftlern beeinträchtigen, da sie nicht mehr ohne weiteres in andere Länder fliegen können, und die der Forschungsschiffe, die seit März nicht mehr in ausländischen Häfen einlaufen können. Unsere geplanten Fahrtteilnahmen im Indischen Ozean und im Pazifik mussten gestrichen werden, und stattdessen konnten wir Forschungsfahrten für Regionen beantragen, die innerhalb der Reichweite des deutschen Hafens Emden sind, wo zur Zeit alle größeren deutschen Forschungsschiffe eine Heimat gefunden haben. Unsere Reise wird jedoch nicht direkt auf dem Schiff beginnen, sondern das gesamte Team muss vier Tage in einem Quarantäne-Camp in einem Hotel in Leer ausharren. Erst nach negativen Corona-Tests dürfen wir unsere Zimmer verlassen und werden zum Hafen in Emden gebracht. Wir werden alle Interessierten mit auf die Reise nehmen durch tägliche Blogs über Wasserprobenahme auf den Flüssen und im Meer, Probenbearbeitung im Schiffslabor, das tägliche Leben auf einem Forschungsschiff und Weihnachten auf See.

 

Fahrtplanung in Zeiten von Kontaktbeschränkungen

Fahrtplanung in Zeiten von Kontaktbeschränkungen - das Team der Fahrt M169 trifft sich regelmäßig per Video-Meeting und kommt erst beim Transfer vom Quarantäne-Hotel zum Schiff persönlich zusammen.

1. Reihe: David Ernst, Andrea Koschinsky, Adrienne Hollister, Franziska Klimpel - 2. Reihe: Timmu Kreitsmann, Sophie Paul, Annika Moje, Mai-Brit Schulte - 3. Reihe: Matthias Ullrich, Cansu Özer, Dennis Krämer, Nadine Weimar- 4. Reihe: Katja Schmidt, Mirja Bardenhagen, Emily Schoeneich, Rohit Dey